Nur noch das Gemeindehaus abschließen
Er ist kaum eine Woche her, Sonntag, der 3.12.23.
Der Schnee legt einen dicken, weißen Mantel um die Stadt und mit ihm eine unsägliche Ruhe.
Straßen sind schlecht befahrbar, Parkplätze eingeschneit, Busse und Bahnen lahmgelegt.
Früh an diesem Morgen macht David sich auf den Weg und erkundet in Gräfelfing Möglichkeiten zum Parken für die TeilnehmerInnen der Segnung .
127 Anmeldungen. Wie viele werden kommen können?
Das Gemeindehaus ist geöffnet, als ich eine Stunde vor der Segnungsfeier mit Familie Rankl/Sommer in der Friedenskirche in Gräfelfing ankomme.
Wir stellen gemeinsam die Kerzen auf den Altar, die Birgit liebevoll vorbereitet hat.
Karl richtet den Kerzendocht auf .
Und während Luisa die Seiten ihrer Geige einstimmt, zündet David die erste Adventskerze an.
Die Kirche füllt sich allmählich. Karl hilft mir beim Zählen der TeilnehmerInnen:
fast 90 – so ca. ungefähr genau.
Es ist die 5. Segnung der Verstorbenen seit der Gründung von VIVAS e.V. im Jahr 2021.
Das Thema ist Licht und Dunkel.
Julia, Christian und David erzählen sehr persönlich vom ihrem Licht und Dunkel – David aus seiner Kindheit bis zur Zeit als erwachsener Mann und Julia und Christian vom Licht und Dunkel aus ihrem Leben und dem Leben mit Nicolas, ihrem verstorbenen Sohn – tastend und sehend im Dunkeln – eingebettet in wunderschöne Geigenduette von Luisa und Sophia.
Christian und Gerhard begeben sich zum Altar und beginnen die Verstorbenen zu segnen. Jeder Name auf jeder Kerze wird vorgelesen, jede verstorbene Person wird gesegnet, für jeden Verstorbenen wird das Licht ihrer und seiner Namenskerze angezündet.
Es sind 74 Kerzen.
Ein kleines Lichtermeer breitet sich aus, Kerze für Kerze – unverrückbar und wohltuend endlich den Namen der/des eigenen Verstorbenen zu hören.
Die Namenslichter spiegeln sich im Fensterglas der Kirche – als stünden sie auch da draußen im weichen, hohen Schnee an der fließenden Würm.
Lautlos versucht meine Sitznachbarin den Kloß im Hals hinunterzuschlucken, während eine Träne ungefragt über ihre Wange rollt.
Knisternde Stille. Die Blicke ruhen auf dem warmen Licht der Kerzen – nur kurz, aber dennoch ein Moment der gefühlten Ewigkeit, der von den Klängen der Geigen umarmt wird.
In dieser Zeitlosigkeit laden Julia, Christian und Gerhard alle, die mögen, ein, sich selber segnen zu lassen. Es bilden sich unaufgeregte Schlangen hinter den drei Geistlichen, die sich liebevoll jedem/r einzelnen TeilnehmerIn zuwenden und segnen.
Julia und Christian lassen sich anschließend von Gerhard segnen.
Die Segnung neigt sich dem Ende zu. David dankt allen TeilnehmerInnen für ihr Kommen an diesem besonderen Schneesonntag.
Die Kerzen werden andächtig von den TeilnehmerInnen ausgeblasen. Jeder nimmt die Kerze seiner und seines Verstorbenen mit zu sich nach Hause.
Die Kirche leert sich.
David und Luisa löschen die Lichter in der Sakristei und im Kirchensaal.
Und dankbar vor der Kirche wartend, dass mich Familie Rankl/Sommer wieder in ihrem Auto mitnimmt, geht Gerhard Althaus mit Karl zufrieden und lächelnd nur noch das Gemeindehaus abschließen.
Ganz herzlichen Dank,
lieber David Althaus, lieber Gerhard Althaus, liebe Julia Rittner-Kopp, lieber Christian Kopp!
auch liebe Birgit Kröniger und lieber Jochen Heber, die ihr beide in eurem Fehlen anwesend wart!
Doreen Zimmermann